[Daseinsarchäologie im Auerland]
Ich schaue in ihre geöffneten Hände, Vogelschrein, zwischen ihren Fingern lockt sich das Verlangen der Brautfrisur, zwei gebogene Kämme ragen auf: die weichen Tatzen eines Maulwurfes, der auf dem Rücken liegt, geborgen in den zum Nest gefalteten Handflächen der Frau. Sie hat vor mir ihr Haupt entblösst, ich sehe die Nonnenzucht ihres Haares, so straff gebändigt, dass ich eher Gebetsbücher auf den Kuchentellern vermutete, als die Tortenstücke, die sie balanciert zur Kundschaft, die unbeweglich, geschnitzt, die Eine nach dem Ebenbild des Anderen / dona nobis pacem1Wortspende Tatjana Pelin / unter den Schirmen im Biergarten sitzt und auf die Zuckerdose pochend, Löffelstiel im Mund, die schwere Last erwarten: Heute Pfirsich mit Eierlikör und Sahne, trockenen Sandkuchen mit Cherries und Rotwein-Schoko-Glasur oder Himbeer-Philadelphia-Biskuittorte. Ich hatte mich weggeduckt und war aufs Klo geflohen, so erschreckt hatte mich die mächtige Pracht, die da auf mich zu kam in Form eines in Buttercreme gestürzten Engelsflügel, der vor dem ewigen Paradies, den Hinterbliebenen das irdische Leben zu versüssen versprach. Aufflackern der Kuchengabeln, Tellermine: Das rechte Hinterrad des Traktors von Willi S. hatte den Grund da berührte, wo er die tödliche Kriegswaffe barg. Die Mine zerfetzte das Gefährt, den Anhänger, nahm sich das Holz als Handwaffe dazu, der Willi S. – so steht es auf einer Tafel im Wald – blieb wie durch ein Wunder unverletzt. Das Kreuz, welches der Verschonte hat errichten lassen an seinem Ort der Auferstehung, umarmt die Bäume.